Ich bin oft sehr straight, sage schnell was ich brauche, stehe für mich ein und setze Grenzen. Früher hätte ich das nicht gekonnt. Da ging ich oft über meine Grenzen hinweg, um andere glücklich zu machen und vergaß dabei mich selbst. Heute bewundern mich viele für meine Stärke. Die einen bewundern mich dafür, andere fühlen sich irgendwann angegriffen durch meine forsche Stärke die ich als Frau ausstrahle. Nichtsdestotrotz bin ich innerlich genau so verletzlich und verwundbar, auch wenn ich stark bin. Denn das heißt nicht, dass ich alles aushalten kann, dass ich respektlos und rücksichtslos behandelt werden kann.
In unserer Gesellschaft sehnen sich viele nach Klarheit –
doch nur wenige halten sie wirklich aus. Ist das nicht in sich schon total kontrovers?
Wir sprechen von Stärke, als wäre sie gleichbedeutend mit Durchhalten, Funktionieren, Aushalten.
Doch was, wenn das gar nicht stark ist?
Stark bist du nicht, weil du alles erträgst.
Sondern weil du fühlst.
Weil du reflektierst.
Weil du benennst, was ist.
Und weil du den Mut hast, für dich einzustehen.
Das ist emotionale Klarheit. Das ist Integrität.
Und genau das macht vielen Menschen Angst.

Denn wenn du deine Grenzen klar zeigst, spiegelt das anderen:
- wo sie selbst unklar sind
- wo sie nicht für sich einstehen
- wo sie vermeiden, statt ehrlich zu fühlen
Manche bewundern dich dafür.
Andere ziehen sich zurück.
Wieder andere verunsichern dich – weil sie dein Verhalten als Angriff erleben.
Aber das hat nichts mit dir persönlich zu tun. Sondern mit dem, wie sie sich selbst begegnen.
Die doppelte Botschaft unserer Kultur
Wir leben in einer Gesellschaft, die uns vermittelt:
„Sei authentisch. Zeig dich. Sag, was du brauchst.“
Aber wenn wir es dann tun, kommt oft die zweite, unausgesprochene Botschaft:
„Sei bitte nicht zu emotional.
Nicht zu direkt.
Nicht zu fordernd.
Nicht zu viel.“
Diese Doppelmoral ist kaum auszuhalten.
Vor allem für feinfühlige, reflektierte Menschen.
Denn du nimmst die Widersprüche wahr – in dir selbst, in anderen, im System.

Klarheit ist kein Egotrip – sie ist radikal gesund
Durch meine Erkrankung habe ich schneller gelernt – oder lernen müssen – was es heißt, für mich einzustehen:
- klare Grenzen zu setzen
- Bedürfnisse zu benennen
- offen über Krankheit zu sprechen, ohne mich zu reduzieren
- präsent zu sein, ohne mich aufzuopfern
- Raum zu lassen, ohne mich selbst zu verlieren
Das ist keine Ego-Show.
Das ist gelebte Selbstfürsorge.
Und ja – es braucht Mut.
Denn viele Menschen sind darauf nicht vorbereitet.
Nicht, weil sie schlecht sind.
Sondern weil sie es nie gelernt haben.
Wenn „nicht stark sein“ plötzlich als Schwäche gilt
In einer leistungsorientierten Gesellschaft wie unserer wird Stärke oft mit Funktionieren verwechselt.
Wer nicht stark wirkt, wer jammert, wer offen zeigt, dass er leidet, wird schnell bewertet:
„Der will doch nur Aufmerksamkeit.“
„Die zieht alle runter.“
„So schlimm kann’s doch nicht sein, sonst würde sie nicht posten.“
Diese Sätze offenbaren weniger etwas über die Betroffenen – und mehr über die Unsicherheit der anderen.
Denn: Schmerz macht sichtbar, was viele lieber nicht fühlen wollen. Denn viele haben nicht gelernt, mit Gefühlen umzugehen, sie auszuhalten, sie einzusortieren. Etwas schnell zu bewerten ist dann einfacher als zu hinterfragen, die andere Perspektive zu sehen oder sich in die andere Person hineinzuversetzen.
Jammern, klagen, weinen – das sind natürliche Ausdrucksformen von Überforderung, Schmerz oder Einsamkeit.
Aber anstatt Mitgefühl zu zeigen, reagiert die Gesellschaft oft mit Distanz oder Abwertung.
Warum?
Weil wir nicht gelernt haben, mit echten Gefühlen umzugehen.
Weil wir uns selbst verloren fühlen, wenn andere uns an unsere eigene Verletzlichkeit erinnern.
Dabei ist Gesehenwerden kein Luxus.
Es ist ein menschliches Grundbedürfnis.
Wer sich zeigt, will nicht „jammern“ – sondern einfach nur: nicht allein sein mit dem, was gerade ist.
Was heißt es eigentlich, für sich selbst einzustehen?
Für sich selbst einzustehen bedeutet nicht, laut oder konfrontativ zu sein.
Es heißt: sich selbst ernst zu nehmen.
Die eigenen Gefühle, Bedürfnisse und Grenzen zu achten – auch dann, wenn andere sie übergehen.
Es bedeutet, Nein zu sagen, wenn etwas nicht gut für dich ist.
Und Ja zu dir selbst – auch wenn es unbequem ist.
Es bedeutet, sich nicht mehr zu verbiegen, um anderen zu gefallen.
Sich nicht kleiner zu machen, nur damit sich andere nicht hinterfragt fühlen.
Für sich selbst einzustehen ist ein Akt der Selbstachtung.
Ein stiller, klarer Ausdruck von Würde.
Und manchmal auch der erste Schritt zur Heilung – nicht nur körperlich, sondern seelisch.
Was wirklich stark ist
Viele halten mich für stark, weil ich offen bin.
Weil ich unbequem bin.
Weil ich nicht schweige, wenn etwas weh tut.
Aber das ist nicht „stark“ im klassischen Sinn.
Es ist einfach: echt.
Und genau das ist es wert, stark zu sein.
Denn erst wenn wir uns selbst sehen, uns selbst respektieren,
können uns auch andere sehen – und respektieren.
„Wenn jemand meine Klarheit nicht halten kann, ist es nicht meine Aufgabe, mich kleiner zu machen –sondern die Chance der anderen, größer zu werden.“
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danke liebe Su, fürbdiesen Text der hilft mir grad Umarmung
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