Am Freitag nach der Strahlentherapie fuhr ich nach Hamburg. Mein Cousin das Landei kam mit. Musste auch mal raus in die große weite Welt. Dort angekommen war er schon fast etwas überfordert so groß war Hamburg für ihn. 😀 Schnell noch was bei Mama gegessen und dann ab in die City, um dort Fabi, meinen persönlichen ALF, zu treffen. Wir haben zusammen studiert und zufälligerweise war er zur gleichen Zeit in meiner Heimat wie ich. Das mussten wir ausnutzen. Wenn wir uns sehen ist es wie früher. Total vertraut. Wir verstehen uns blind. Wenn wir mit mehreren Leuten unterwegs sind können wir 2 uns so doll miteinander unterhalten, dass sich der Rest der Meute ausgeschlossen fühlt. So war das auch schon in der Uni. Lachen, weinen, lernen. Alles haben wir zusammen gemacht in Saarbrücken. Und lachen können wir besonders gut miteinander.
Bei meiner Freundin angekommen gibt’s erstmal einen Schnaps, Hamburger Kümmel. Und noch einen, und noch einen. Fabi ruft ganz laut „Einer geht noch, Frau Künzelsen, dann ist aber Schluss!“ und so geht das den ganzen Abend. Wie bei Werner der Film. Zum Totlachen. Ich trinke nix, darf ich auch nicht wegen der Bestrahlung und ich will auch fahren an dem Abend. Irgendwann haben die 3 die Flasche geleert und der Spruch „Einer geht noch, dann ist aber Schluss“ wird von jedem in den Raum geschmissen. Ich kann nur noch lachen so witzig ist das alles. Dann ab in den Corsi, schnell noch eine Freundin an der Tanke einladen, Fabi am Rathaus rauslassen und weiter auf die Schanze. Da ist eine Einweihungsparty. Geil, Privatpartys! Fabi und ich haben die ja in Saarbrücken schon immer geliebt. WG Partys sind einfach nur klasse. Total viele Leute, über irgendwas reden, neue Leute kennenlernen, wirres Zeug labern, Spaß haben. Es war wirklich lustig, besonders als mein Cousin eine Gurke aß die ja eigentlich für die Gin-Getränke bestimmt war. „Ey nicht hier die Gurke essen, du spinnst wohl! Ist für den Gin gedacht und nicht für dich du Vielfraß!“ ein vollbärtiger Typ schob meinen Cousin zur Seite und machte sich an der Gurke zu schaffen. Als der Typ weg war knusperte mein Cousin gemütlich an der Gurke weiter. Dank des Alkoholpegels vom Hamburger Kümmel war es ihm „Lachs“, ob die Gurke nun für den Gin oder ihn bestimmt war.
Gegen 2 Uhr morgens verließen wir die Party, stiegen ins Auto und fuhren Richtung Kiez. Eigentlich war ich etwas platt, aber nicht zu platt. Ich war morgens bei der Strahlentherapie, fuhr dann nach Hamburg, war auf einer Party und trotz allem war ich noch recht fit. Woran das lag weiß ich bis heute nicht. Und dann dachte ich ‚Jetzt schon nach Hause? hm wäre blöd, Maddin ist ja nicht so oft hier.‘ Also ging es in Richtung Kiez in die Wunderbar. Ich dachte Fabi wäre auch dort, war ja schließlich unsere Lieblingsschwulenbar. Der Laden war einfach nur voller gutaussehender Typen die ihre Astralkörper auf der Tanzfläche aneinander rieben, sich zuzwinkerten und sich Küsschen über den Luftweg zuschickten. Mein Cousin war etwas perplex. „Kommst du bitte mit auf’s Klo? Ich hab Angst allein dahin zu gehen. Nicht, dass mir ein Typ folgt und dann…“ Ich musste lachen. Schließlich ging er doch allein. Und als er wiederkam platzte Fabi mit seiner Bande in den Laden. Obwohl wir uns dort nicht verabredet hatten wussten wir trotzdem, dass wir beide in die Wunderbar gehen würden. Jetzt war der Spaß vorprogrammiert. Ich war schon etwas müde, aber egal. So oft treffen wir uns in dieser Konstellation nicht und schlafen kann ich später auch noch. „Schwing mehr deine Hüften“ rief jemand. Drei Typen tanzten eng umschlungen an einer Stange in südamerikanischem Stil. Immer enger tanzten sie und wackelten mit ihren Popöchen besser als manche Frau. Ich finde Schwulenbars total lustig. Es bringt so viel Spaß da drin, als Frau bekommst du keine blöden Sprüche von irgendwelchen Männern an den Kopf geknallt und wenn dir einer an den Po greift, dann ist das nicht schlimm sondern eher witzig.
Gegen vier machten wir 2 uns auf den Heimweg. Zuhause angekommen fiel ich tot ins Bett. Es war einfach ein superlustiger Abend mit tollen Freunden, die einen kennen und lieben so wie jeder von uns ist. Ich war früher gern feiern und mache das auch heute noch gern. Der Krebs hat das nicht ändern können. Selbst während der Chemo ging ich auf ein Festival oder feierte meinen Geburtstag., ging auf Partys. Es kommt immer drauf an wie sich jeder fühlt, aber wie haben die Ärzte im März zu mir gesagt:
Tun Sie nur noch das wobei sie Spaß haben und was Ihnen gut tut.
Und genau das mache ich auch. Für immer. Denn meine Lebensfreude nimmt mir keiner, auch nicht der Krebs.
Am Samstag machten wir noch etwas Sightseeing und dann ging es zum Shoppen über. Maddin unsere Shopping Queen konnte sich das doch nicht entgehen lassen. Vollbepackt mit Tüten fuhren wir nach 20 Uhr nach Hause, aßen noch etwas, spielten mit dem Hasen und schlummerten bei einem Film gemütlich ein. Und heute ging es wieder zurück. Es war ein wunderbares Wochenende mit wunderbaren Menschen an einem wunderbaren Ort.