Aufruf Umfrage metastasierter Brustkrebs
Aufruf: Ich suche ein paar Ladies aus der Schweiz mit metastasiertem Brustkrebs für eine Umfrage, die bereits eine Chemotherapie erhalten haben. Meldet euch gerne per PN oder Email an mich mail@diagnoseleben.com
Menschlichkeit
Was bedeutet das überhaupt? Synonym sind die Begriffe Humanität, Nächstenliebe, Fürsorge, Würde, Moral, Menschenliebe, Milde oder Erbarmen. Um mich wieder aufpäppeln zu lassen und Hoffnung und Persektiven zu schöpfen, ging ich für eine Woche in die Klinik nach Öschelbronn. In der Klinik Öschelbronn konnte ich so was wie Menschlichkeit erfahren. Als Patient bin ich dort keine Nummer, sondern werde voll und ganz wahrgenommen. Alle Wehwehchen werden notiert, die Ärzte nehmen sich Zeit, denn es gibt dort einen höheren Personenschlüssel. Dort wer besagt eigentlich, dass Palliativpatienten mehr Zeit bekommen als „andere“ Patienten. Diese Frage habe ich mir dort oft gestellt. Natürlich bin ich froh, dass ich dort mehr Zeit bekomme, aber warum ist das nur dort so?
Menschlichkeit fängt also auch schon im Krankenhaus an und hört dort oft auf. Als Krebspatient bin ich ja eh schon der Goldstandard, heißt, mit mir verdient man gut Geld. Meine Therapie kostet alle 3 Wochen um die 10.000€. Gäbe es die Krankenkasse nicht, könnte ich mir dies gar nicht leisten.
Perspektiven
Das Personal in der Klinik ist sehr warmherzig, ich fühle mich irgendwie gesehen und habe mehr Kraft. Mein Umfeld ist oft hilflos derzeit, will mir Aufgaben abnehmen und das ungefragt. Mir etwas gutes tun, und doch werden mir dadurch Aufgaben genommen die mir eine Perspektive geben. Und Perspektiven, die brauche ich, um ein Ziel zu haben, eine Zukunft. “Ach ich hab das erst gar nicht für uns ausgesucht als Ausflug, weil ich dachte, dass du es eh nicht kannst“ Und so ertappte sich ein Freund von mir wie er mich überging, obwohl er es nur gut meinte. Wenn du jemanden gar nicht erst um die Meinung fragst und über den Kopf der Person einfach hinwegentscheidest, dann fühlt es sich so an, als würdest du die Person nicht sehen, deren Meinung nicht hören wollen. Etwas Gutes tun wollen bedeutet nicht, dass es der Person auch gut tut.
Einsamkeit
Ich kann nicht nur zuhause sitzen und darauf warten, dass alles gut wird. Jeden Tag einfach nur Sport machen, nett aussehen und zuhause eingesperrt sein, damit mir nichts passiert. Das macht einsam und gibt das Gefühl nicht mehr gebraucht zu werden, nicht mehr da zu sein, irgendwie so unscheinbar zu sein, wie in Watte gepackt. Es gibt keine Fragen, also gibt es auch keine Antworten. Das Gespräch findet einfach nicht statt. Manchmal gibt es Situationen, da stelle ich Fragen, bekomme aber keine Antworten. Und ich frage mich „Bin ich unsichtbar? Bin ich noch da? Sieht mich jemand?“ Und dann klopft mein Kopf an und fragt „Su, ich glaube du wirst hier gar nicht mehr gebraucht. Ist das Leben überhaupt noch lebenswert, wenn ich nur zuhause bin, Fitness betreibe, gesund esse, aber sonst nichts weiter habe?“ Der Kopf und die Psyche, sie spielen gerne Spielchen. Und dann frage ich mich „Will ich gerade nur Aufmerksamkeit, um gesehen zu werden oder werde ich wirklich nicht gesehen?“ Oder ist einfach unsere Gesellschaft so geworden und wir sind so egoistisch, dass es uns gar nicht mehr interessiert wie es anderen ergeht, was sie machen oder was in ihnen so vorgeht? In einer Welt, die immer mehr zerbricht, sind da „Glaube, Liebe Hoffnung“ eine Fantasie? In der Serie auf Netflix „Wie wird man 100 Jahre alt? – Die Geheimnisse der blauen Zonen“ ist eine der wichtigen Säulen im Leben die soziale Komponente. Ohne sie wären wir oft allein, hätten niemanden und würden uns nutzlos fühlen, nicht mehr gebraucht, nicht mehr gesehen.
Die Menscheit weiß, dass wir ohne soziale Kontake uns schlechter entwickeln und sogar versterben können. https://www.nzz.ch/folio/dieser-versuch-macht-sprachlos-ld.1621730
Die alte SU
Doch was bedeutet es eigentlich gesehen zu werden? Werde ich so gesehen wie ich mich selbst sehe? Erst letztens war ich auf einem Mädelsabend mit lauter unbekannten Damen. Keiner wusste von meiner Erkrankung und ich war froh darüber. Sie definierten mich über mein Äußeres. Mittlerweile habe ich kurze Haare aufgrund der neuen Therapie mit Enhertu und stellenweise kahle Stellen auf dem Kopf die ich irgendwie überdecken konnte. Ich trug ein braunes enges Strickkleid, schwarze Strumpfhosen und hohe Schuhe. Da war sie, die Su die ich früher war und die ich immer noch sein konnte. Die Su ohne Krankheit. Wir plauderten die ganze Nacht durch und ich hatte so viel Energie, dass ich am nächsten Morgen erst gegen 4.30 ins Bett fiel. überglücklich, voller Energie und voller Tatendrang.
Klar kann ich manche Dinge manchmal nicht machen aufgrund der Nebenwirkungen, aber ich möchte dennoch gefragt werden und selbst entscheiden können, nicht entmündigt oder übergangen werden. Denn es gibt auch wieder Tage, da kann ich es wieder und da freue ich mich wieder aufs Leben, das Leben leben.
Meine Ärztin in der Klinik Öschelbronn verabschiedet mich. Ich frage sie, ob ich sie umarmen darf. Sie nickt und sagt „Behalten Sie ihr positives Wesen, es gibt noch viel mehr für Sie da draußen.“



Was du da beschreibst, kenne ich ganz gut: Gute Freunde sind offenbar oft der Meinung, dass Leute mit einer speziellen Krankheit oder Behinderung alles mögliche nicht können. Dann heißt es, das siehst du doch nicht, dafür bist du zu alt und zu krank, Leute wie ihr sollten am besten zu Hause bleiben, denn draußen ist es zu gefährlich. Doch wenn man sich darauf einlässt, kann man gleich den Löffel abgeben. Raus aus der Bude und rein ins Geschehen ist mein Motto. Bisher hab ich das bestens überlebt und genossen. Hätte ich hingegen auf die guten Ratschläge gehört und wäre in der Bude geblieben, wäre ich wahrscheinlich längst im Keller de Depression gelandet. Und ich werde im Winter, wenn es Schnee geben sollte, auch wieder Ski fahren – genau wie du deinen SUP Sport betreibst.
Weiterhin viel Spaß dabei…
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